Philosophie des Videojournalismus


In den vergangenen Jahren sind die Fernsehteams bei vielen Sendern immer weiter geschrumpft. Möglich wurde diese Reduktion vor allem durch moderne Technik, nötig wurde sie durch den weiter steigenden Kostendruck.

Als Videojournalist unterwegs mit der Canon XL1S bei der Ölpest in Galicien, Herbst 2002. Damals drehte ich noch auf Band, hatte noch keinen Schnittlaptop und musste täglich Stunden zum Schnitt fahren. Nach den anstrengenden Wochen in Galicien schaffte ich sofort einen Laptop an, um mehr Zeit fürs Drehen zu haben.

Das Paradebeispiel des effizienten Arbeitens ist der Videojournalist. Als solcher übernimmt der Journalist auch gleich noch die Funktion des Kameramanns. Eine Lösung, die sich in den vergangenen Jahren bei privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern etabliert hat. Doch die Konzentration von bis zu drei Tätigkeiten auf eine Person führt zu einer hohen Belastung. Wer als Videojournalist regelmäßig tagesaktuelle Drehs leisten muss, ist schnell erschöpft.

Deshalb wurde schnell klar, dass der Videojournalismus kein Ersatz für EB-Teams ist, sondern Projekte möglich macht, die in der konventionellen Umsetzung zu aufwändig (teuer) wären. Ich arbeite seit dem Jahr 2000 mit eigener Ausrüstung und habe die Technik und auch die Arbeitsweise ständig optimieren können. Von den Erfahrungen haben Kollegen in meinem damaligen „Heimatsender“ n-tv profitiert, aber auch Journalisten anderer Länder, mit denen ich regelmäßig in Kontakt stehe. Verstärkt vermittle ich meine Erfahrungen auch in der Aus- und Weiterbildung.

 

Was ist Videojournalismus 2.0?

In den vergangenen Jahren hat sich der Videojournalismus in Deutschland etabliert. Die Definition ist jedoch noch schwammig. Für viele ist der VJ ein Journalist, der mit der Kamera loszieht, fragt, dreht und schneidet. Für andere einer, der gelegentlich zur Kamera greift und dessen „originelle“ Kameraführung besonders gekennzeichnet wird.

Videojournalismus 2.0 versteht sich als Weiterentwicklung, als Anpassung an die neuen technologischen Möglichkeiten, ohne jedoch die Ansprüche an Journalismus und Technologie außer Acht zu lassen. Das Ziel ist, flexiblere Fernsehjournalisten zu bekommen, deren Ergebnisse sich jedoch mit der gewohnten Qualität von EB-Teams messen müssen. Konkret heißt das:

  • VJ funktioniert nur mit solide ausgebildeten Profis.
  • VJ funktioniert nur mit besonders konfektioniertem Equipment.
  • VJ funktioniert nur, wenn Reporter, Redaktion und Technik eingebunden sind, die Chancen und Grenzen kennen.
  • VJ hat den Anspruch, den TV-Journalismus flexibler zu machen.
  • VJ will nicht, dass der Journalist künftig nur allein loszieht.
  • VJ will, dass der Journalist AUCH allein arbeiten kann.
  • VJ heißt eher Journalist + 1 Helfer bei Interviews, Vox-Pops und Aufsagern.
  • VJ respektiert die extrem hohe Belastung bei Ein-Mann-Drehs.
  • VJ sollte den Redaktionen den Mut zum Risiko zurückbringen, eigene Themen zu suchen. Die Kosten für einen verlorenen VJ-Tag sind kalkulierbar.

Diese Grundsätze sind das Ergebnis aus mehr als 13 Jahren regelmäßiger Arbeit als Videojournalist, in denen alle erdenklichen Technologien eingesetzt wurden und menschliche Grenzen ausgelotet wurden. Die Erfahrungen umfassen das gesamte Spektrum des TV-Journalismus und sind somit fundiert.

Kursinhalte

 

Vor dem Hintergrund der Ansprüche an den Videojournalismus wird kein Kurs mit festen Inhalten angeboten, ohne nicht die Ziele und den Umfang der gewünschten Schulung durch den Auftraggeber zu kennen. Erst auf dieser Grundlage werden  Lernziele erarbeitet. Gerade bei kurzen Seminaren besteht die Notwendigkeit zu Aufbauseminaren und zur Betreuung der Teilnehmer, um Fehler im Berufsalltag sofort ausmerzen zu können (s.o. Einbindung in die Redaktion und Technik). Zur Vorbereitung eines Seminars gehört auch ein genauer Blick auf das Equipment. Oftmals werden Kameras und Zubehör gekauft, die nicht ideal für den Videojournalismus sind oder die falsch eingestellt sind. Wie oben bereits erwähnt muss das Equipment ideal abgestimmt sein, um dem Videojournalisten zu dienen.

Kursbeispiel: n-tv

Zwei Tage stehen für zwei Kollegen zur Verfügung. Einschränkung der Lernziele auf zwei Elemente: Aufsager und O-Töne, Ausgrenzung von der Leitung gewünschter Inhalte wegen Zeitmangels und nicht bewährter Technik. Zunächst wurde ermittelt, welches Vorwissen besteht. Am Kursanfang Analyse von mitgebrachten Beispielen. Dann praktische Übungen und Vermittlung des notwendigen theoretischen Hintergrundes. Übungen zunächst im Seminarraum, dann in typischer Umgebung außerhalb des Senders. Am Ende der zwei Tage Analyse des gesammelten Materials.

Ausführliches zum Videojournalismus in Form meiner Diplom-Arbeit finden Sie hier.